© Lina Schröder
Krise, Kritikalität und Infrastruktur – drei ineinandergreifende Forschungsfelder
KRITKALITÄT und KRISE sind Problemfelder mit einer historische Dimension. Mit anderen Worten: Das, was heute als kritisch wahrgenommen wird, war nicht immer kritisch und wird nicht immer kritisch bleiben. Eine Krise wiederum steht im Zusammenhang mit einer spezifischen historischen Entwicklung, aus der heraus sie mehr oder weniger gut bewältigt werden kann.
Im direkten Kontext von Krise und Kritikalität steht INFRASTRUKTUR. Sie stellt ein gesellschaftliches Konzept zur Bewältigung des komplexen Alltags dar. Im Zuge einer Krise wird dieses Konzept nicht selten in seinen Grundfesten erschüttert. Eine Krise kann dann zugleich auch als Auslöser für die Zuschreibung von Kritikalität fungieren.
Erst in der Krise, das legt die historische Untersuchung solcher Zusammenhänge nahe, wird oftmals die so selbstverständlich gewordene, nicht selten unsichtbare Infrastruktur sichtbar, d.h. sie kehrt in unser Bewusstsein zurück. Doch dann ist aktives Eingreifen oder Handeln leider in der Regel schon zu spät, denn wir wissen mangels umfassender Forschungen und Untersuchungen im Allgemeinen noch viel zu wenig über ihre komplexen Strukturen und Pfadabhängigkeiten.
So begegnen Infrastrukturhistoriker:innen des 21. Jahrhunderts einer reichen Vielfalt an Bezeichnungen, mit welcher sie sich herumplagen müssen und die sie, insbesondere wenn es um die Übertragbarkeit infrastruktur-historischer Forschungsansätze und Konzepte in weiter zurückliegende Epochen wie z.B. das Mittelalter geht, immer wieder in Erklärungsnot bringen.
Hierzu gehören u.a. Umschreibungen wie kritische, technische, materielle Infrastrukturen, soziale, institutionelle, hydraulische oder standardisierte Infrastrukturen, Infrastruktursysteme, sperrige Infrastrukturen, netzwerkartige Infrastrukturen bzw. infrastrukturelle Netzwerke (per se ein Widerspruch: jedwede Infrastruktureinrichtung ist Teil eines Netzes), globale, ökonomische, sozio-technische, grüne und graue Infrastrukturen. Die Liste ließe sich fortsetzen.
Die wiedergegebenen Bezeichnungen sind ein Spiegelbild sich im Verlaufe von Jahrzehnten wandelnder Erkenntnisziele und entstammen geographischen, technischen, ökologischen, ökonomischen, politischen oder sozialen und nicht historischen Kontexten. Wenn Historiker*innen daran interessiert sind, Infrastruktur epochenunabhängig und disziplinübergreifend zu untersuchen, tut sie also gut daran, Infrastruktur auf ihre wesentlichen Strukturmerkmale zu reduzieren, um ein universales Konzept zu erhalten. Erste, diesbezügliche Überlegungen bestehen mit dem von der Verfasserin publizierten „infrastrukturellen Zellenmodell“.
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